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Chronik der Gemeinde Malsch
Die Gemeinde Malsch hat eine mehr als 1200-jährige nachgewiesene Geschichte. Die erste urkundliche Erwähnung geschah im Codex Laureshamensis des Klosters zu Lorsch. Am 5. März 783 vermachte eine Ordensfrau mit dem Namen Gelwib ihren Besitz in Malsch dem Kloster in Lorsch.
Zweihundert Jahre später liegt eine weitere schriftliche Urkunde von unserem Dorf vor. Am 15. November 976 gab Kaiser Otto II. die Benediktinerabtei Mosbach dem Bischof Anno von Worms auf ewige Zeiten zu eigen. In der Urkunde wurde als Eigentum der Abtei Mosbach 23 Ortschaften aufgezählt, darunter auch Malsch. Als in einer weiteren Schenkungsurkunde vom 1. September 1302 das Dorf Mals in einer Schenkungsurkunde dem Bistum Speyer vermacht wurde, begann eine fast 500jährige Herrschaft der Bischöfe.
Für den Schutz, den der Fürstbischof seinen Untertanen gewährte, hatten sie entsprechende Abgaben zu entrichten. Diese bestanden in Naturalien oder in Geld oder in beiden zugleich und wurden von Dorf zu Dorf je nach den örtlichen Gegebenheiten besonders festgelegt.
Eine Abgabe, welche den Bauern am unmittelbarsten berührte, war der Zehnte.
Unzufriedenheit, aber auch Auseinandersetzungen mit den Herren führten zum Bauernaufstand im Kraichgau. Eines der bedeutendsten Ereignisse des Bauernkriegs nahm in der Osterwoche 1525 in Malsch seinen Anfang. Die Bauern versammelten sich auf dem Letzenberg. Erste Erfolge gegen pfälzische Landsknechte sprachen sich schnell herum. Dieser Erfolg verschaffte den Anführern Auftrieb. Sie erhielten Zuzug, wuchsen rasch auf 500 bis 600 Mann an, wurden daraufhin dreister und erbrachen den Weinkeller des Domkapitels Malsch und prosteten freudig der neuen Freiheit zu.
Der Aufstand wurde niedergeschlagen und in einem Unterwerfungsvertrag die aufmüpfigen Gemeinden geknebelt. Schwer lastete diese Strafe auf den Kraichgaugemeinden. Malsch war bei dem Gemetzel und dem fürchterlichen Brand vollständig samt Kirche und fürstbischöflichen Besitztümern wie Weinkeller und Zehntscheuer in Schutt und Asche gelegt worden.
Nur langsam blühte Malsch wieder auf. Der zerstörte Weinkeller des Bischofs wurde erst später wieder aufgebaut. Ein Gedenkstein am heutigen Zehntkeller beurkundet dies mit folgender Inschrift: „Anno domini 1573 – Wendel Geier, derzeit Fäut zu Kislaw bauty mich neu”. (Im Jahre des Herren 1573 – Wendel Geier, derzeit Vogt zu Kislau, baute mich neu)
Der 30jährige Krieg schlug weitere Wunden in der Gemeinde. 1622 wurde der kaiserliche Feldherr Tilly bei Mingolsheim durch die Truppen der Union unter Ernst von Mansfeld geschlagen. In diesem Zusammenhang wurden in Malsch viele Häuser niedergebrannt, nachdem ihren Besitzern die geringe Habe geraubt worden war. Die folgenden zehn Jahre brachten Malsch und seinen umliegenden Orten immer wieder Einquartierungen und Truppendurchmärsche. Im Jahre 1633 rückte die Kriegsfront erneut nahe an Malsch heran, als es am 16. August zur Schlacht zwischen den Schweden und den Kaiserlichen vor den Toren Wieslochs kam. Vermutlich statteten auch damals die schwedischen Söldner Malsch einen Besuch ab und hinterließen ihre gefürchteten Visitenkarten.
Nach dem König Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen gefallen war, erlitten die Schweden im September 1634 bei Nördlingen durch die kaiserlichen Truppen eine vernichtende Niederlage. Als die Überlebenden in Richtung Rhein flohen, begannen die Leiden der Bevölkerung aufs Neue.
Die Leidtragenden des 30 Jahre dauernden Krieges waren besonders die Menschen auf dem Lande. Zu den kriegerischen Auseinandersetzungen kamen Seuchen und Hungersnöte. Die Bevölkerung hat sich damals auf etwa 1/20 der ursprünglichen Bevölkerungszahl dezimiert.
Nach einer Zeit mühseligen Aufbaus schien wieder ein geregeltes Leben einzukehren. Trotzdem war die Ruhe trügerisch. Im französischen Erbfolgekrieg machte Ludwig XIV Ansprüche auf die Pfalz geltend. Die Truppen unter ihrem Führer, General Melac, haben bei ihrem Marsch auf Heidelberg von Süden her kommend ein Dorf nach dem anderen geplündert und zerstört. Die Parole des Königs hieß hier: verbrennt die Pfalz. Obwohl Malsch nicht zur Pfalz gehörte, zündeten die französischen Soldaten den Ort an. Was beim ersten Einfall im Jahr 1689 der Zerstörung entgangen war, wurde 1693 in Schutt und Asche gelegt.
Dem Jahrhundert der Kriege folgte ein Jahrhundert des Aufbaus. Trotz Not und großer Armut wurde viel gebaut und renoviert, was aus den noch vorhandenen Jahreszahlen über Toreinfahrten und Hauseingängen abzulesen ist.
Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts brach eine Zeit an, deren gewaltige Umwälzungen die Verhältnisse des Bistums Speyer aufs engste berührten. Die Folge der französischen Revolution von 1789 und die rasch aufeinanderfolgenden Kriege Napoleons mit seinen östlichen Nachbarstaaten schufen eine arge Notlage für unsere Gegend. Häufige Einquartierungen, gepaart mit außergewöhnlichen Naturallieferungen für die Truppen führten zur vollkommenen Armut der Einwohnerschaft. Am 9. Februar 1801 verbündete sich Baden im Frieden von Lunèville mit Napoleon. Von diesem Zeitpunkt an waren die französischen Truppen nicht mehr als Feinde, sondern als Bundesgenossen in Malsch einquartiert. Die ehemals rechtsrheinischen Gebiete des Bistums Speyer fielen 1803 an das Kurfürstentum Baden. Malsch wurde badisch, nachdem es rund 500 Jahre lang teil des Bistums Speyer gewesen war.
Fortan waren die Badener Verbündete Napoleons und beim Marsch auf Moskau beteiligt.
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. – 18. Oktober 1813, bei dem auch Malscher Bürger unter dem Befehl Napoleons als Feinde gegen Preußen kämpften, konnte man sich auch dieses Jochs erledigen. Überall herrschte große Freude über den errungenen Sieg der vereinigten Heere. Auch in Malsch waren die Menschen über Napoleons Niederlage erleichtert.
Die letzten Jahre der Regierung des Großherzogs Karl (gestorben am 8. Dezember 1818) waren harte Zeiten für das Land gewesen. Schwer lasteten die Nachwirkungen der langen Kriege auf der verarmten Bevölkerung. Viele Menschen sahen in der Auswanderung den einzigen Weg für ihre Zukunft.
Im Todesjahr von Großherzog Karl hatte Malsch ein äußerst seltenes und für damalige Zeiten außergewöhnliches Erlebnis. Am 25. November 1818 war der Kaiser von Russland in Malsch. Aus diesem Anlass wurde ein großes Fest veranstaltet. Das gekrönte Haupt war Alexander I.. Er war durch seine Gattin Elisabeth der Schwager des badischen Großherzogs. Auch die Revolution von 1848 bis 1849 hinterließ ihre Spuren in Malsch durch die Einquartierung von 4.000 preußischen Soldaten. Obwohl der Aufenthalt nur 2 Tage dauerte, waren bei den einzelnen Familien danach das letzte Brot, Fleisch und die letzten Kartoffeln aufgezehrt worden.
Im Krieg Preußens gegen Österreich standen die süddeutschen Staaten auf der Seite Österreichs. So mussten wiederum Mitbürger aus Malsch im Bunde mit Österreich gegen den Feind aus Preußen in den Kampf ziehen. Der Krieg endete in der Schlacht bei Königsgrätz mit dem Sieg der Preußen. Erst nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/1871 gelang es Bismarck, sämtliche deutschen Fürsten und Vertreter der freien Reichsstädte im Schloss zu Versailles zu versammeln um das deutsche Reich zu gründen.
Die Erwartungen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger auf eine lange, friedliche Zeit des Aufschwungs wurden aber nicht belohnt. Der erste und der zweite Weltkrieg musste überstanden werden, viele Mitbürgerinnen und Mitbürger fanden in diesen Kriegen den Tod. Viele wurden vermisst und deren Schicksal heute noch ungeklärt ist. Nach Ende des zweiten Weltkrieges musste die Gemeinde ca. 350 Heimatvertriebene aus den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten im Osten und Südosten Europas aufnehmen. Große Anstrengungen im Wohnungsbau, sowie im Ausbau der Infrastruktur mussten vorgenommen werden.
Malsch heute
Der Weinort- und Wallfahrtsort Malsch mit seinen 3.300 Einwohnern liegt am Fuße des 246m hohen Letzenbergs, der mit seinem westlichen Steilabfall bis an die Bundesstraße 3 reicht und den nordwestlichen Eckpfeiler des Kraichgaus bildet. Seinen Gipfel krönt die im Jahr 1902 erbaute Wallfahrtskapelle zur „schmerzhaften Muttergottes”. Zweimal im Jahr, im Mai und September, lädt die katholische Pfarrgemeinde Malsch die Gläubigen der engeren und weiteren Umgebung zur Muttergotteswallfahrt ein. Wegen der reizenden Aussicht ist der Letzenberg zu einem gern besuchten Ziel für Tageswanderungen geworden. Auf der Bergkuppe des Letzenbergs, der auf festen Wegen auch mit dem Motorfahrzeug erreicht werden kann, lädt den Besucher eine herrliche Grünanlage mit Ruhebänken zur Rast ein und bietet Ruhe und Erholung. Gute Wanderwege führen durch das Rebenmeer am Letzenberg. Der „Weinwanderweg Letzenberg” ermöglicht eine schöne Wanderung durch eine liebliche Landschaft mit herrlichen Aussichten und mit allem Wissenswerten vom Wein. So erhält man Informationen über die Arbeit im Weinberg, die verschiedenen angebauten Rebsorten, die Rebgewanne und Weinbergslagen und die örtlichen Weingüter und die Winzergenossenschaft. Renommierte Gasthöfe schenken die bodenständigen Spitzenweine „Malscher Ölbaum” und „Malscher Rotsteig” aus. Heute bilden die in mehreren Teilflurbereinigungen geschaffenen und wegemäßig ausgezeichnet erschlossenen 120 ha Rebgelände an den Südhängen des Letzenbergs und seinem östlichen Ausläufer die Grundlage der Landwirtschaft. Die vornehmlich mit Müller-Thurgau, Weißburgunder, Ruländer und Spätburgunder besetzten Weinberge werden nach den modernsten weinbautechnischen Erkenntnissen bewirtschaftet.
In den letzten Jahren wurde durch die Ansiedlung einiger mittelständischer Unternehmen Arbeitsplätze am Ort geschaffen. Neben einem schon seit mehreren Jahrzehnten vorhandenen Mauerziegelwerk handelt es sich vor allem um Betriebe der Behindertentechnik, der metallverarbeitenden und der drucktechnischen Industrie. Die Nähe der Bundesautobahnen und der B 3 sowie die unmittelbare Nähe der Autobahnanschlüsse Walldorf/Wiesloch, Wiesloch/Rauenberg und Kronau bringen dem Ort und den Gewerbebetrieben eine verkehrsgünstige Lage.
Der größte Teil der Erwerbstätigen findet aber in den Industriebetrieben der Städte Wiesloch, Walldorf sowie in den Nachbargemeinen Arbeit und Brot. Nur noch wenige der ca. 2.000 Erwerbstätigen verdienen ihren Lebensunterhalt im Weinbau.
In den vergangenen 30 Jahren wurden große Neubaugebiete erschlossen. In allen Wohngebieten werden in offener Bauweise schmucke Ein- und Zweifamilienhäuser mit hohem Wohnwert errichtet.
Für das kulturelle Leben und die Förderung von Sport und Spiel hat die Gemeinde in den letzten Jahren sehr viel getan. Die Grund- und Hauptschule wurde 1964 eingeweiht. 2001/2002 wurden die Schule, der eine Werkrealschule angegliedert ist, um Sonderräume erweitert. Das der Schule angeschlossene Schwimmbad ist der Öffentlichkeit zugänglich. Die Letzenberghalle steht neben der Schule den örtlichen Vereinen zur Ausübung von Hallensport wie für Gemeinschaftsveranstaltungen zur Verfügung. Erwähnen darf man auch den gelungenen Neubau eines hellen, freundlichen und benutzerorientierten Rathauses. Ob wohl in einem modernen Baustil errichtet, fügt es sich harmonisch in den Bereich der Kirche und des Kirchplatzes ein.
Im Herbst 1981 ging die Reblandhalle mit 4 Kegelbahnen im Untergeschoß in Betrieb. Damit wird vor allem dem Handballsport die Möglichkeit gegeben, in einer wettkampfgerechten Halle mit Zuschauertribünen Leistungssport zu treiben.
Der Ruf des Weinortes als Sport- und Handballhochburg ist unter anderem begründet durch mehrere deutsche Meisterschaften im Ringen, die Malscher Handballer sind in den höheren bundesdeutschen Spielklassen vertreten, die Jugendarbeit ist als vorbildlich zu bezeichnen.
Im Zuge der Dorfsanierung wurde 1991 der historische "Zehntkeller" seiner Bestimmung übergeben. Mit großem Aufwand hat die Gemeinde das Anwesen saniert und damit einen neuen Ortsmittelpunkt geschaffen. In einer gelungenen Verbindung zwischen „alt” und „neu” erfüllt das Gemeindezentrum heute vielfältige Bedürfnisse. Im historischen „Zehntkeller” ist ein ausgezeichnetes Restaurant mit gepflegtem Ambiente untergebracht. Im Fachwerkhaus befindet sich die Gemeindebücherei, die sich eines ausgezeichneten Zuspruchs erfreut. Die zum Ensemble gehörende moderne "Zehntscheuer" gibt den Rahmen für das Kulturprogramm der Gemeinde. In der Reihe „Kulturtreff Zehntscheuer” wird hier Kultur mit Musik, Gesang, Theater, Kabarett usw. geboten. Dieser Veranstaltungsraum steht auch den örtlichen Vereinen für kleinere Veranstaltungen und für Familienfeiern, Konferenzen, Tagungen u.ä. zur Verfügung. Die gelungene Sanierung rundet die Freiplastik von Jürgen Goertz die "Bacchantin" ab. Damit hat die Gemeinde auch etwas für die Kunst im Ort getan und bewiesen, daß man auch in kleineren Gemeinden der Kunst aufgeschlossen gegenübersteht.
Der Letzenberg-Tierpark und sein kleines Restaurant ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Der im Park eingerichtete Spielplatz ist ein bevorzugter Tummelplatz für Kinder. In einem Motorsegler der Flugsportgemeinschaft "Letzenberg" die südlich des Tierparks im weiten Hengstbachtal ihren Segelflugplatz mit Flugzeughalle eingerichtet hat, können Wagemutige die liebenswerte Landschaft um den Letzenberg aus der Vogelperspektive beschauen. Der Verein der Vogelfreunde pflegt schon seit Jahren bei den Angellochwiesen am Hengstbach ein über 1 ha großes Vogelschutzgebiet.
Der alljährlich am zweiten Sonntag nach Fronleichnam stattfindende Mälscher Markt, im badischen Marktverzeichnis als Krammarkt bezeichnet, besitzt eine alte Tradition und leitet sich aus einem alten Marktrecht des mittelalterlichen Weindorfes ab.
Viele Jahre schon präsentieren unsere Weingüter und die Winzergenossenschaft Letzenberg ihre hervorragenden, vielfach ausgezeichneten und zwischenzeitlich in die renommierten Weinführer aufgenommenen Weine beim „Mälscher Weinfest”. Auf der Hauptstraße ist die längste Weintafel zum probieren unserer heimischen Produkte aufgebaut. Das Fest erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Beim Verkosten, Vergleichen und geselligen Zusammensein werden Freundschaften fürs Leben geschlossen.
Erwähnenswert ist auch die fünfte Jahreszeit in der Gemeinde Malsch, die Fastnachtszeit. Unter der Regie der Karnevalsgesellschaft Blau-Rot werden ausgezeichnete Prunksitzungen geboten.
Zusammen mit dem Verkehrs- und Heimatverein wird der große Fastnachtsumzug am Fastnachtssonntag mit über 40 einheimischen Wagen und Fußgruppen organisiert. Bis zu 20.000 Besucher säumen die Straßen des Festzuges.
Malsch heute – eine lebenswerte und liebenswerte Gemeinde in der es sich gut leben lässt und die sich auf Ihren Besuch freut.